E-Deerns: Toller 3. Platz beim Turnier in Bremerhaven
Zehn Deerns aus E1 und E4 reisten in die Ferne: Beim Juliane-Harlep-Gedächtnis-Cup in Bremerhaven landete das Team von Coach Fritz sensationell auf dem 3. Platz. Ein unvergessliches Erlebnis, inklusive Gospelkonzert, Barfußtrainer und Schiedsrichter im Wachkoma.
Zunächst tut eine kleine Exkursion not, lieber Deerns-Lesezirkel. Wir wollen, bevor wir uns den Ereignissen im Fußballstadion von Bremerhaven zuwenden, kurz einmal dies erläutern: Wo liegt das eigentlich, dieses Bremerhaven? Nun, genau 3.261 Seemeilen entfernt von New York in Amerika. Besser gesagt: 6.039 Kilometer. Und noch besser gesagt: rund 20.130 Mal rund um das Fußballfeld am Trenknerweg gelaufen. Wer von Bremerhaven aus nach Amerika will, macht das natürlich nicht. Nein, der setzt sich in ein Boot. Nicht in ein Flugzeug, es gibt keinen Flugplatz in Bremerhaven. Aber eben einen schönen Hafen. Mit dem Boot also fährt man ein kurzes Stück den Fluss Weser hinab, dann geht’s ab in die Nordsee, links die Insel Wangerooge, rechts Helgoland, schnell durch den Ärmelkanal (rechts England, links Europa), hinein in den Nordatlantik, und schon grüßt die berühmte Freiheitsstatue: New York ist erreicht. Diese Nähe zur Neuen Welt – so wird Amerika gerne genannt, solange man keinen Indianer fragt – ist in Bremerhaven überall zu spüren. Die Straßen sind ewig lang wie amerikanische Autobahnen, man kann für Stunden geradeaus laufen und ist doch erst bei Hausnummer 209. Im Fußballstadion stehen Tore der Sportart American Football. Und als Gastmannschaft eines Fußballspiels sollte man, selbst bei einem Spiel auf E-Juniorinnen-Ebene, besser Helm und Schulterpolster tragen wie die Footballer der Bremerhaven Seahawks oder die der Giants in der Nachbargemeinde New York. Warum? Dazu später mehr.
Acht Mädchen-Mannschaften waren am vergangenen Samstag zum Juliane-Harlep-Gedächtnis-Cup im Nordsee-Stadion von Bremerhaven angereist. Altonas E-Deerns und die Mädchen von Condor aus Hamburg, die anderen aus dem Zwei-Städte-Bundesland Bremen (zu dem Bremerhaven gehört) und Niedersachsen. Juliane Harlep, das wollen wir hier erwähnen, war eine prägende Kraft im Bremerhavener Mädchenfußball und vor zwei Jahren verstorben. Ihr zu Ehren wurde das Turnier begründet und nun zum zweiten Mal im großen Stadion des früheren Zweit- und heutigen Fünftligisten OSC Bremerhaven ausgetragen.
Um 10.30 Uhr also reihten sich die Teams vor dem Stadionsprecher auf, der das 10.000 Zuschauer fassende Oval (nicht ganz ausverkauft…) mit freundlichen Morgengrüßen beschallte. Und dann zu einem etwas ungewöhnlichen Tagesordnungspunkt überleitete: dem Gospelkonzert einer Gesangsgemeinschaft, deren T-Shirts sie als „Glad(E)makers – Die Frohmacher“ auswies (das Wortspiel erschließt sich denen, die den Namen der Chorleiterin kennen: Vivian Glade). Das war nett, wenngleich die Fußball-Mädels nach dem vierten Song der eher schüchtern schunkelnden Formation doch etwas unruhig wurden… Dann aber ging es los: zwei Gruppen á vier Teams, 12-minütige Spiele, danach Viertelfinale, und bei weiteren Erfolgen Halbfinale und Endspiel.
1. Gruppenspiel: Altona 93 vs. Arminia Vechelde
Taktikfuchs Fritz (Titulierung auf besonderen Wunsch von Spielerinnen-Vater Mischa – Formulierungswünsche werden vom Text-DJ gerne entgegengenommen!) konnte aus dem Vollen schöpfen: Ella, Emilia, Hannah, Julina, Lily, Lina, Louise, Luna und Maj traten zum ersten Spiel gegen Arminia Vechelde an, die aus dem Großraum Braunschweig angereist waren.
Wobei, nur fast aus dem Vollen. Anna hatte sich am Freitagabend beim Abschlusstraining, bzw. Ticken-Spielen vor der Taverna Poseidon unweit des Teamhotels in Bremerhaven, arg verletzt und einen Zahn verloren. Doch das ist wahrer Teamgeist: Nach dem Arztbesuch am Samstag kam sie mit ihrem Papa rechtzeitig zur K.O-Runde ins Stadion und feuerte ihre Mannschaft von der Seitenlinie aus an: Forza, Anna!
Zunächst aber die Gruppenphase: Anpfiff, Dribbling, Pass, 1:0 durch Lily! Nach handgestoppten 15 Sekunden. Welch ein Start. Jubel auf den Tribünen, respektive der angrenzenden Tartanbahn, auf der der A93-Anhang Pogo tanzte. Dann gleich im Gegenzug ein Lattentreffer ans Gehäuse von Altonas Schlussmädchen Lina, das war Glück. Ein Spiel mit Dynamik und Spannung: Nur eine Minute später eine Szene, die der Verfasser dieser Zeilen in schamloser Subjektivität an die Spitze einer nicht existenten Rangliste der schönsten Dribblings ever setzen möchte: Maj über links, ein Haken, zwei Haken, drei, vier, fünf Haken, ein federleichtes Dribbling im Stile von Zidane, quer durchs Mittelfeld. Am Ende ein feiner Pass, doch ein Bein von Vechelde ging dazwischen. 9. und 10. Minute: Doppelschlag Emilia, zwei wunderschöne Tore unter azurblauem Nordseehimmel: 3:0. Kurz vor Schluss ein Sololauf von Louise über rechts, ein strammer Schuss, den die Torhüterin von Vechelde nur abklatschen konnte. Maj zur Stelle, ihr erstes Tor mit links, lord have mercy… Eine abgeklärte Teamleistung gegen einen tatsächlich starken Gegner, doch das Mittelfeld mit Luna und Julina kämpfte bissig, hinten hielten Hannah und Ella den Laden dicht.
2. Gruppenspiel: Altona 93 vs. SV Brake
Spiel auf ein Tor: das der E-Mädchen aus Brake an der Unterweser, zwei Autobahnabfahrten vor Bremerhaven. Gleich in der ersten Minute wieder eine Groß-Chance für Altona, eigentlich drei, doch der Ball wollte nicht ins Netz. 5. Minute: Louise-Hammer, doch das Tormädchen von der Weser hielt grandios. So ging es weiter, bis kurz vor dem Abpfiff Emilia das erlösende 1:0 erzielte. Etwas verwundert rieb man sich im Altona-Fanblock die Ohren angesichts der eigenwilligen Motivationsrufe des Brake-Trainers in Richtung seiner Stürmerin: „Los, los, wir ham’ hier keine Zeit, oder wartest du auf den Bus!?“
3. Gruppenspiel: Altona 93 vs. OSC Bremerhaven
Spiel gegen den Gastgeber: bissig geführt, vor allem von den Gegnerinnen, die zudem teils erstaunlich groß erschienen für E-Mädchen. Schubsen, Drängeln und Kneifen, Tritte auf die Füße – die Deerns von Trainer Fritz waren irritiert. Spielt man so Fußball? Ja, sagte zumindest der Schiedsrichter, beziehungsweise er sagte nichts, auch nicht seine Pfeife. Lina im Tor aber hält jeden Schuss, das Ergebnis ist verdient: 0:0. Altona ist Tabellenführer nach der Vorrunde!
Viertelfinale: Altona 93 vs. OSC Bremerhaven II
Jetzt wurde es ernst: Fritz hatte die Schuhe ausgezogen und coachte fortan barfuß. Eine geniale Taktik, deren Erfolg sich sofort im Viertelfinale zeigte. Die hoffnungslos überforderten, der Körpergröße nach zu urteilen vermutlich auch etwas jüngeren Mädels der zweiten Mannschaft des Gastgebervereins, sahen sich einer Flut von Angriffen ausgesetzt. Wie die Nordsee an einem stürmischen Herbsttag rollte Altona auf das Bremerhaven-Tor zu. 9:0 stand es am Ende. Lily hatte nach sagenhaften 10 (sic!) Sekunden den Reigen eröffnet, schoss später noch ihren zweiten Treffer. Desweiteren trugen sich dank geschickten und mannschaftsdienlichen Schönrot-Verschiebens von hinten nach vorne Mittelfeld-Regisseurin Luna (3 Tore) sowie Hannah, Ella, Louise und Julina (perfekter Knaller aus der zweiten Reihe rechts oben ins Eck!) mit je einem wunderschönen Treffer in die Torschützinnenstatistik ein.
Halbfinale: Altona vs. OSC Bremerhaven I
Schon wieder die… Die Mädels um Coach Schönrot ahnten es, das Halbfinale würde unerfreulich werden. 4:0 siegten die Gastgeberinnen am Ende – aber wie. Louise und Lily mussten im Verlauf der Begegnung von ihren Vätern vom Feld getragen werden, mit blutig getretenen Füßen und Knien. Jeder Zweikampf glich einer Schulhofprügelei, wobei nur eine prügelte und die andere weinte. Und der Schiedsrichter? Kein Pfiff, kein Wort: Fußballmafia BFV (Bremer Fußball-Verband), muss man sagen, das hatte mit Fairness nichts zu tun. Und: Da alle Mädchen des Gastgebers gleichermaßen robust zu Werke gingen, müssen hier Dinge im Training gelehrt werden, die mit Regelkunde und Sportswomanship nichts zu tun hatten. Dummdreister Kommentar des Bremerhavener Trainers, während noch eine Spielerin von Altona vor Schmerzen schrie: „Fußball ist halt eine Kontaktsportart.“
Dabei ging unter, dass Bremerhaven durchaus verdient gewonnen hatte, was Ballfähigkeit und Zug zum Tor anbelangte. Doch sie präsentierten sich als denkbar schlechtester Gastgeber. Sie siegten dann kurz darauf auch im Finale gegen Vechelde, trotz lauthalsen Anfeuerns diesmal der Altona-Deerns für Vechelde, mit 1:0 durch einen Fernschuss – und lachten ihre knapp geschlagenen und betrübten Gegnerinnen nach Abpfiff tatsächlich aus. Bei der Siegerehrung dann kam heraus, dass die Schlüsselspielerinnen von Bremerhaven nicht ohne Grund einen Kopf größer waren als die meisten anderen Turnierteilnehmerinnen: Sie waren Jahrgang 2005 und somit wohl aus der D-Mannschaft zur Verstärkung herangezogen worden. Na, herzlichen Glückwunsch zum Pokal…
Spiel um Platz 3: Altona 93 vs. Condor
Hamburger Derby im Nordsee-Stadion. Mit überraschenden Szenen im Fanblock: Die Mädchen von Vechelde, später Finalteilnehmerinnen gegen Bremerhaven, brüllten während des gesamten Spiels „Altona, Altona!“ Der Beginn einer neuen Freundschaft. Ein Spiel, das hin und her wogte wie die See bei Windstärke 10, schließlich erlöste Lina, jetzt nicht im Tor, mit zwei Toren in der 6. und 10. Minute die Mannschaft und Fans von Altona 93. Endstand 2:0, die Deerns sind Turnier-Dritter.
Fazit:
Ein wunderbares Wochenende, zumeist tolle Spiele in einem herrlich abgerockten Betontempel aus den Siebzigern, schöne Unterkunft in einer ehemaligen Kaserne, deren Zimmer praktischerweise allesamt in Schwarz-Weiß-Rot gestaltet waren und die am Ende einer laaaangen Straße (Hausnummer 209) lag. Gutgelaunte Eltern, Deerns, die noch um 22 Uhr auf dem Campingplatzgrün rund um das Hostel trainieren wollten (und durften), eine neue Vereinsfreundschaft zwischen Vechelde und Altona (der nächste Dento-Cup kommt bestimmt…), ein abschließender Spaziergang auf dem Weserdeich, Fritz fotogen in Rosenrabatten… Einundneunzig, zweiundneunzig, dreiundneunzig… Forza!